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Hans Modrow

In historischer Mission. Als deutscher Politiker unterwegs. Mit einem Vorwort von Oskar Lafontaine

Berlin: edition ost 2007; 281 S.; geb., 14,90 €; ISBN 978-3-360-01086-5
„Als ich erstmals in Italien war, begriff ich, dass der Sozialismus in erster Linie eine Kulturfrage ist“, schreibt Modrow – leider im vorletzten Satz seines Buches, gefolgt von der Auskunft, mehr habe er „zur anstehenden Programmdebatte und zum Nachdenken über den Sozialismus im 21. Jahrhundert nicht mitzuteilen“ (281). Schade, es hätte endlich interessant werden können. Die 280 vorherigen Seiten waren es nicht. Der langjährige SED-Politiker, kurzzeitige DDR-Ministerpräsident und ehemalige Abgeordnete des Bundestages und des Europaparlamentes hat seine lange politische Erfahrung nicht dazu benutzt, sein Denken von Schablonen zu befreien. Und so muss sich der Leser durch rückwärts gewandte Kapitel über Deutsche und Russen, über Japan, Polen, die Tschechoslowakei, China, Vietnam, Lateinamerika und Zypern arbeiten und wird doch nur mit altbackenen Ansichten über Länder konfrontiert, denen Modrow irgendwie nähergekommen ist. Quasi im Vorbeigehen wird Gorbatschow noch als „Lügner und Betrüger“ abgewatscht und ihm vorgehalten, dass er „maßgeblich die Verantwortung am Untergang der UdSSR“ (87) trägt. Stolz dagegen präsentiert sich Modrow auf einem Foto zusammen mit dem damaligen nordkoreanischen Diktator Kim Il Sung. Wie war Modrow eigentlich vor 1989 in den Ruf geraten, ein Reformer zu sein? Im Kapitel über „Die geteilte Heimat“ wird deutlich, dass ihm der Unterschied zwischen Demokratie und Diktatur immer noch nicht ganz geläufig ist. Und ein paar Seiten zuvor setzt er die Vergewaltigungen ostdeutscher Frauen nach Kriegsende durch russische Soldaten damit gleich, dass die US-Soldaten westdeutsche Frauen „mit Perlonstrümpfen“ „kauften“. „So oder so war es eine Vergewaltigung nach dem Diktat der Sieger“ (57). Andere verfälschende Darstellungen ließen sich benennen, aber wer – außer einigen unbelehrbaren Ost-Genossen – will das noch lesen? Politikwissenschaftler jedenfalls können sich die Lektüre getrost sparen.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.3 | 2.314 | 2.22 | 2.61 | 2.65 | 2.68 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Hans Modrow: In historischer Mission. Berlin: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/28243-in-historischer-mission_33225, veröffentlicht am 04.04.2008. Buch-Nr.: 33225 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken