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Florian Grotz

Europäisierung und nationale Staatsorganisation. Institutionenpolitik in föderalen und unitarischen EU-Staaten

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2007 (Staatsreform in Deutschland und Europa. Der öffentliche Sektor im nationalen und internationalen Vergleich 2); 420 S.; brosch., 59,- €; ISBN 978-3-8329-2608-3
Habilitationsschrift FU Berlin. – Für die Reform der Staatsorganisation werden üblicherweise die Pfade der verfassungspolitischen Traditionen sowie – vor allem – die Interessen der beteiligten Akteure (insbesondere der Parteien) verantwortlich gemacht. Falls es hier Effekte der Europäisierung geben sollte, so stellt Grotz gleich zu Beginn der Studie heraus, dann „handelt es sich stets um indirekte Einflüsse“ (13), weil von der EU kein direkter Anpassungsdruck (etwa in Form einer Vertragsbestimmung) ausgehe. Außerdem sei anzunehmen, dass es sich bei der Europäisierung keineswegs um den ausschlaggebenden Faktor handele. Das Augenmerk richtet sich damit auf die Beteiligten des Prozesses der Staatsorganisationsreform und darauf, wie sie den europäischen Einfluss bzw. den wahrgenommenen Anpassungsdruck in ihre Positionen einbeziehen. Grotz diskutiert die theoretischen und methodischen Probleme im Lichte der Forschungsdiskussion in Integrationsforschung, Föderalismusforschung und Vergleichender Regierungslehre gründlich und umsichtig. Er geht von der Reform der Staatsorganisation als einem „institutionenpolitischen Prozess“ (58) aus und überprüft anhand eines Vergleichs von vier Fällen – die Bundesstaaten Deutschland und Österreich und die unitarischen Staaten Italien und Großbritannien – die Reichweite des Einflusses der europäischen Integration auf die nationalen Reformprozesse in jeweils differenzierten und kenntnisreichen Fallstudien. Grotz kommt zum Schluss, dass die Reform der binnenstaatlichen Kompetenzordnungen zwar primär durch Veränderungen interner Rahmenbedingungen hervorgerufen wird. Zugleich hebt er aber hervor, dass weder Verlauf noch Ergebnisse ohne Berücksichtigung der Europäisierungseffekte zu erklären sind. Die alte Unterscheidung zwischen föderalen und unitarischen Systemen erweist sich dabei als erklärungsstark: Während in den Debatten der föderalen Systeme EU-Fragen bei den Verfassungsreformen einen erkennbaren Niederschlag fanden, die Reformen insgesamt aber eher bescheidenen Umfang hatten, war es bei den unitarischen Systemen umgekehrt.
Wilhelm Knelangen (WK)
Dr., wiss. Ass., Institut für Sozialwissenschaften (Bereich Politikwissenschaft), Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.21 | 2.32 | 2.325 | 2.4 | 2.61 | 3.1 Empfohlene Zitierweise: Wilhelm Knelangen, Rezension zu: Florian Grotz: Europäisierung und nationale Staatsorganisation. Baden-Baden: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/27939-europaeisierung-und-nationale-staatsorganisation_32827, veröffentlicht am 28.03.2008. Buch-Nr.: 32827 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken