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Ludger Schwarte (Hrsg.)

Auszug aus dem Lager. Zur Überwindung des modernen Raumparadigmas

Bielefeld: transcript Verlag 2007 (RAUM. Orte der Kunst; Edition Moderne Postmoderne); 317 S.; kart., 31,80 €; ISBN 978-3-89942-550-5
Die Autoren behandeln das Lager als Thema der politischen Philosophie und fragen, „wie Macht und Recht sich in der Moderne verräumlichen“ (8). Die These, dass das Lager das Paradigma des modernen politischen Raums sei, habe zuerst Arendt aufgestellt, schreibt Schwarte. „Folgt man den Gedankengängen Arendts, Foucaults und Agambens, so wird deutlich, warum Lager nicht nur in den Extremen totalitärer Terrorregime anzutreffen sind, sondern ein Kennzeichen der Moderne ausmachen“ (177). In den ersten Beiträgen steht die theoretische Auseinandersetzung mit Foucault und Agamben im Mittelpunkt. Es geht im Sinne von Foucault um die biopolitische Frage „nach den Zugriffen der Macht auf den Körper des Einzelnen und der Bevölkerung vor dem Hintergrund historischer Machttransformation“ (Nigro, 47) – verstanden als ein modernes Phänomen, das eine Zäsur in der abendländischen Politik darstellt. In den folgenden Beiträgen wird die weitere Zuspitzung dieses Gedankengangs bei Agamben diskutiert, wonach das biopolitische Paradigma der Moderne nicht mehr der Staat, sondern das Lager ist – verknüpft mit Arendts Analyse, wonach das eigentliche Ziel der totalitären Ideologie die Transformation der menschlichen Natur ist. „Das Lager markiert so die äußerste Möglichkeit einer Entgrenzung der menschlichen Lebensform. Die in ihm angelegte Möglichkeit einer Reduktion des Humanen auf die bloße Faktizität des Lebens [...] zeigt die Transformation von Politik in Bio-Politik an“ (109), schreibt Hartung und kommt aber zu dem Ergebnis, dass das Lager als politischer Raum keinesfalls die Matrix der modernen Welt ist. An diese theoretischen Erörterungen darüber, was eigentlich ein Lager ist, schließt u. a. Rother die Frage an, ob es im demokratischen Rechtsstaat überhaupt Lager, „d. h. Zonen des Ausnahmezustands“ (144) gibt. So zeigt er die durch Flüchtlingslager gefährdeten Grenzen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit auf – gefährdet durch die Auslöschung des politischen Subjekts, wie auch Schwarte schreibt. Die Beiträge gehen auf eine Tagung zurück, die im Dezember 2005 in Berlin stattfand.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 5.42 | 5.46 | 2.62 | 2.312 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Ludger Schwarte (Hrsg.): Auszug aus dem Lager. Bielefeld: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/27244-auszug-aus-dem-lager_31862, veröffentlicht am 04.04.2008. Buch-Nr.: 31862 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken