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Joschka Fischer / Fritz Stern

Gegen den Strom. Ein Gespräch über Geschichte und Politik

München: C. H. Beck 2013; 224 S.; geb., 19,95 €; ISBN 978-3-406-64553-2
Der ehemalige Bundesaußenminister Joschka Fischer und der US‑amerikanische Historiker Fritz Stern, die gut befreundet sind, trafen sich im Mai 2012 zu mehreren Gesprächen über historische und aktuelle Themen der Weltpolitik. Warum die beiden ihr empfehlenswertes Buch „Gegen den Strom“ nennen, erscheint allerdings nicht schlüssig, denn sie vertreten keine Positionen entgegen des Mainstreams. Zunächst unterhielten sich Fischer, Nachkomme von Ungarndeutschen, und Stern, der als Kind aus Deutschland in die USA emigrierte, über das Thema „Heimat“. Dabei berichtet der streng katholisch erzogene Fischer von seiner Rebellion gegen das „konservativ‑katholisch‑kleinbürgerlich‑dörfliche Milieu“ (12). Stern beschreibt, wie er 1950 „voller Hass“ (27) erstmals wieder nach Deutschland gekommen sei, aber dann die Heuss‑Rede vom 20. Juli 1954 „einen tiefen Eindruck“ (28) auf ihn gemacht habe. Dann rücken die beiden Weltkriege in den Fokus, wobei auch unterschiedliche Wahrnehmungen der befreundeten Männer deutlich werden. Dass, so Fischer, „[i]n der Erinnerungskultur der Bundesrepublik […] der Erste Weltkrieg nie eine wirkliche Rolle gespielt“ habe, erscheint Stern „übertrieben“ (39). Mit Blick auf Europa sind sich beide einig, dass sich mit der Euro‑Krise die Zukunft der Gemeinschaft entscheiden wird. Fischer erklärt: „Entweder springen die Deutschen über ihren Schatten und sagen jetzt ja zu einer Vergemeinschaftung der Schulden […], oder aber alles fliegt auseinander.“ (72) Stern bedauert, „dass es in der europäischen Politik eigentlich keine wirklich großen Figuren gibt“ (75). Ein weiteres wichtiges Thema ist Israel; hier fordert Stern von den Politikern, „den Israelis einmal die grundsätzliche Position Deutschlands klarzumachen“ (137). Und nach einem Blick auf die Zukunft des Westens, die US‑Wahlen 2012 und die Bundestagswahl 2013 appelliert Stern an den 22 Jahre jüngeren Fischer: „Sie müssen die Rolle eines politischen Pädagogen annehmen, das heißt sich gelegentlich […] an die deutsch‑europäische Öffentlichkeit wenden, um Ihre Gedanken und Sorgen mit aufklärerischem Takt unter die Menschen zu bringen.“ (221)
Hendrik Träger (HT)
Dr., Politikwissenschaftler, Lehrkraft für besondere Aufgaben, Institut für Politikwissenschaft, Universität Magdeburg und Institut für Politikwissenschaft, Universität Leipzig.
Rubrizierung: 2.3 | 2.31 | 4.21 | 2.331 | 2.63 | 3.1 | 4.1 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Hendrik Träger, Rezension zu: Joschka Fischer / Fritz Stern: Gegen den Strom. München: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/251-gegen-den-strom_43823, veröffentlicht am 30.05.2013. Buch-Nr.: 43823 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken