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Kimmo Elo

Die Systemkrise eines totalitären Herrschaftssystems und ihre Folgen. Eine aktualisierte Totalitarismustheorie am Beispiel der Systemkrise in der DDR 1953

Münster: Lit 2005 (Diktatur und Widerstand 10); 246 S.; brosch., 25,90 €; ISBN 3-8258-8069-9
Diss. Turku/Finnland; Gutachter: E. Jesse, T. Forsberg. – Der Autor möchte die 1956 von Carl J. Friedrich entwickelte Totalitarismustheorie aktualisieren. Diese Theorie zeichnet sich durch die Benennung zentraler Strukturmerkmale aus, mittels derer totalitäre Diktaturen zu identifizieren sind. Dazu gehören eine Ideologie, die Ein-Parteien-Herrschaft und eine zentral gesteuerte Wirtschaft. Elo geht es darum, ausgehend von diesen Merkmalen nicht nur die Struktur, sondern auch die Dynamik eines totalitären Systems zu erfassen. Als empirisches Beispiel dient ihm die totalitäre Machtausübung in der DDR in der Zeit um den 17. Juni 1953. Der Autor hat ausdrücklich kein Archivmaterial ausgewertet, sondern stützt sich auf Sekundärliteratur. Leider endet seine Literaturliste 2003, sodass die neuen Arbeiten, die anlässlich des 50. Jahrestages des 17. Juni 1953 erschienen sind, kaum oder gar nicht berücksichtigt wurden. Der aktuelle Forschungsstand spiegelt sich damit nicht in dieser Arbeit wider, die Darstellung der internen Ereignisse im Politbüro sowie der Herrschaftsstrukturen an der Spitze der SED unter dem Einfluss Moskaus ist eher oberflächlich und ohne neue Erkenntnisse geraten. Es erschließt sich auch nicht ganz, warum es besonders erhellend sein soll, das Geschehen aus dem Blickwinkel der Totalitarismustheorie zu analysieren – Handlungen und Personen werden in ein Schema gepresst, womit eher verdeckt als erklärt wird, dass die Dynamik innerhalb des Systems von Menschen und nicht von abstrakten totalitären Akteuren ausgeübt wurde. Feststellungen wie die, dass die „gesamte totalitäre Struktur der DDR [...] erheblich von der nur bedingt totalitären Akteursstruktur geschwächt [wurde]“ (194), sind daher nicht besonders tief schürfend. Und das Ergebnis der Studie, dass die Systemkrise 1953 „primär auf die strukturellen Restriktionen des totalitären Systems“ (201) zurückzuführen sei, ist zwar schön wissenschaftlich formuliert, bei näherer Betrachtung aber nicht mehr als ein Allgemeinplatz. Die Krise 1953 ist von anderen Autoren längst wesentlich aufschlussreicher aufgearbeitet worden.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.25 | 2.314 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Kimmo Elo: Die Systemkrise eines totalitären Herrschaftssystems und ihre Folgen. Münster: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/24064-die-systemkrise-eines-totalitaeren-herrschaftssystems-und-ihre-folgen_27698, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 27698 Rezension drucken