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Oliver Diehl / Wolfgang Muno (Hrsg.)

Venezuela unter Chávez - Aufbruch oder Niedergang?

Frankfurt a. M.: Vervuert Verlag 2005 (Schriftenreihe des Instituts für Iberoamerika-Kunde 61); 175 S.; 18,- €; ISBN 3-86527-180-4
Despot oder Demokrat? Auf jeden Fall sei Präsident Hugo Chávez wohl der bekannteste Talkmaster Venezuelas, schreibt Diehl, als Referent am Bundesministerium für Bildung und Forschung für die Kooperation mit Lateinamerika zuständig. Sonntäglich treffe Chávez in einer Fernsehsendung für alle sichtbar auf das Volk, was nach Ansicht der Autoren ein wichtiges Merkmal dieser Präsidentschaft widerspiegelt: Chávez kommuniziert direkt mit den armen Unterschichten und damit mit der Mehrheit der Bevölkerung. Die Autoren analysieren diese Präsidentschaft im engen Kontext mit der jüngeren Vergangenheit, ohne die der Aufstieg Chávez’ kaum zu verstehen ist. Jahrzehntelang wurde das Land trotz Erölvorkommen heruntergewirtschaftet, eine funktionierende Binnenwirtschaft nicht aufgebaut. Venezuela wurde zahlungsunfähig und verlor an politischer Stabilität. Vor diesem Hintergrund versprach Chávez seinen Wählern ein neues Venezuela. Eine Revolution habe er aber nicht ausgelöst, so das Analyseergebnis in diesem insgesamt sehr runden Sammelband, auch halte sich Chávez an die demokratischen Regeln. Entgegen der politischen Rhetorik sei seine Politik nicht revolutionär, sondern eher spontan und vor allem zu wenig effektiv. Die Situation der Armen habe sich nicht nachweislich gebessert, obwohl Chávez die Sozialpolitik als Herzstück seiner Regierungsarbeit betrachte. Bis heute habe Venezuela zwei Erbsünden zu bewältigen, schreibt Hans-Jürgen Burchardt, Projektleiter am Institut für Iberoamerika-Kunde Hamburg: die Überwindung der Rohstoffexportwirtschaft sowie die Konsolidierung ausreichend starker politischer Institutionen. Nach wie vor kumuliere jede größere wirtschaftliche Krise in eine politische, was sich auch unter Chávez nicht grundsätzlich geändert habe. Der Sammelband bietet insgesamt eine gute Einführung in das Thema. Die Beiträge gehen auf eine interdisziplinäre Tagung zurück, die im Juli 2003 an der Universität Mainz stattfand. Aus dem Inhalt: Wolfgang Muno / Oliver Diehl: Einleitung: Venezuela unter Chávez – Aufbruch oder Niedergang (7-10) Wolfgang Muno: Öl und Demokratie – Venezuela im 20. Jahrhundert (11-34) Ruth Zimmerling: Venezolanische Demokratie in den Zeiten von Chávez: „Die Schöne und das Biest“? (35-56) Oliver Diehl: Hugo Chávez – Charisma als soziokulturelles Phänomen (57-83) Andreas Boeckh: Die Außenpolitik Venezuelas: Von einer „Chaosmacht“ zur regionalen Mittelmacht und zurück (85-98) Hans-Jürgen Burchardt: Das soziale Elend des Hugo Chávez: Die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Fünften Republik (99-125) Beate Jungemann: Caracas zwischen Polarisierung und Globalisierung (127-153) Gunther Blessing: Caracas, amor a muerte – „Ästhetik der Gewalt“ und ‚das grausam Wirkliche’ im venezolanischen Film (155-166) Oliver Diehl / Wolfgang Muno: Nach dem Referendum: Sieg für die „Revolution“ – Aufbruch für Venezuela? (167-174)
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.65 | 2.21 | 2.22 | 2.24 | 2.262 | 4.22 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Oliver Diehl / Wolfgang Muno (Hrsg.): Venezuela unter Chávez - Aufbruch oder Niedergang? Frankfurt a. M.: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/23862-venezuela-unter-chvez---aufbruch-oder-niedergang_27429, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 27429 Rezension drucken