Moderne westliche Gesellschaften verfügen im längerfristigen historischen Vergleich über ein außerordentlich hohes Niveau an sozialer Sicherung. Gleichwohl lässt sich in diesen „Sozialversicherungsstaaten“ bei weiten Teilen der Bevölkerung eine zunehmende Sorge um Sicherheit beobachten. Castel setzt sich in seiner prägnant formulierten Monografie mit diesem Paradox auseinander. Der Leitgedanke der Studie lautet, dass „die modernen Gesellschaften auf dem Nährboden der Unsicherheit gewachsen sind, weil sie aus Individuen bestehen, die weder in sich selbst noch in ihrem unmittelbaren Umfeld Ressourcen finden, die sie zuverlässig absichern würden“ (10). Castel analysiert diese typisch moderne Verschränkung von Sicherheit und Unsicherheit einerseits anhand der Konzepte von bürgerlicher und sozialer Sicherheit, andererseits anhand jener strukturellen Entwicklungen (Individualisierung und soziale Exklusion), die eine Rückkehr von Unsicherheit markieren. Die Ansatzpunkte einer Stärkung des Sozialen diskutiert er exemplarisch zunächst anhand aktueller sozialpolitischer Tendenzen. Dabei problematisiert er mit guten Argumenten die dem Modell des „aktivierenden Staates“ zugrunde liegende Vertragslogik (110 ff.). Eine mögliche Antwort auf die zunehmende Unsicherheit von Beschäftigungsverhältnissen könnte darin bestehen, „die Rechte vom Beschäftigungsstatus zu entkoppeln und auf die Person des Arbeitnehmers zu übertragen“ (115 ff.).