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Christoph Links / Sybille Nitsche / Antje Taffelt

Das wunderbare Jahr der Anarchie. Von der Kraft des zivilen Ungehorsams 1989/90

Berlin: Ch. Links Verlag 2004; 239 S.; pb., 14,90 €; ISBN 3-86153-333-2
Der Zustand der Herrschafts- und Gesetzlosigkeit sei den Deutschen eher suspekt, schreiben die Herausgeber. Nur die Zeit des Umbruchs in der DDR, vom Herbst 1989 bis zum 3. Oktober 1990, in der sich die Bürger im zivilen Ungehorsam übten, Geheimdienstzentralen besetzten und Bürgermeister entmachteten, bilde eine Ausnahme. Diese Zeit werde noch heute von vielen Menschen in den fünf neuen Bundesländern als die aufregendste ihres Lebens beschrieben. In kurzen Beiträgen schildern Beteiligte (selbst oder von den Herausgebern nach einem Interview aufgeschrieben) dieses ungewöhnliche Jahr der deutschen Geschichte. Inhaltlich spannt sich der Bogen von den ersten ertrotzten freien Wahlen in einem kleinen Dorf im Februar 1990 über die Einrichtung der Nationalparks bis hin zur Rettung der Stasi-Unterlagen vor dem Bundesarchiv. Die Herausgeber meinen, dass diese Geschichten auch heute noch Mut machen können. „Widerspruchsgeist ist auch für eine demokratische Gesellschaft unerlässlich." (12) Aus dem Inhalt: Sybille Nitsche: Ein ketzerisches Flugblatt. Im September 1989 folgen die Einwohner im thüringischen Arnstadt einem anonymen Aufruf zu einer illegalen Kundgebung (19-23) Antje Taffelt: Dorfrepublik Rüterberg. Die Bürger einer kleinen Gemeinde im nördlichen Grenzgebiet an der Elbe erklären ihren Ort zur freien Republik nach eidgenössischem Vorbild (60-65) Klaus Wolfram: Vom Info-Blatt zur unabhängigen Zeitung. Vier Aktive gründen aus dem Nichts eine Zeitung und einen Verlag, die Bürgerbewegungen erhalten eigene Öffentlichkeit und unabhängige Medien (91-97) Sebastian Pflugbeil: Das Vergehen des Ministers. Der Physiker und Oppositionelle Sebastian Pflugbeil verschafft sich Zugang zu geheimen Unterlagen über die Atomkraftwerke in der DDR (134-140) Sybille Nitsche: Protokoll mit kirchlichem Siegel. In dem kleinen Ort Mildensee vollzieht sich lange vor der Volkskammerwahl im März 1990 ein wahrhaft historisches Ereignis - die erste wirklich freie Wahl in der DDR (148-152) Antje Taffelt: Vom Leichenwäscher zum Armeeauflöser. Der Wehrdienstverweigerer Werner Ablaß wird über Nacht zum Staatssekretär im Ministerium für Abrüstung und Verteidigung und muss ungewohnte Entscheidungen treffen (188-195) Sybille Nitsche: Kampf um Nationalparks. Naturschützern gelingt es, in einem schier aussichtslosen Wettlauf mit der Zeit einmalige Landschaften zu retten (212-218) Christoph Links: Einmischung als Bürgerpflicht. Mit der Besetzung von Archivräumen des MfS verhindern Bürgerrechtler im Herbst 1990, dass die Stasi-Akten im Bundesarchiv weggeschlossen werden (226-232)
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.314 | 2.315 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Christoph Links / Sybille Nitsche / Antje Taffelt: Das wunderbare Jahr der Anarchie. Berlin: 2004, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/22473-das-wunderbare-jahr-der-anarchie_25646, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 25646 Rezension drucken