Stalin und seine Henker. Aus dem Englischen von Hans Freundl und Norbert Juraschitz
Der Stalinismus gleiche immer noch einem latenten Virus, der bei jeder Krise ausbrechen könne, schreibt Rayfield, Professor für russische und georgische Geschichte und Literatur in London. Nur eine Beschäftigung mit Stalin und seinen Gefolgsleuten könne diesen fortdauernden Einfluss des Stalinismus auf die politische Kultur des heutigen Russlands zurückdrängen. Deshalb stellt Rayfield die Biografien von Stalin, Dserschinski, Menshinski, Jagoda, Jeshow und Berija in den Mittelpunkt seines Buches, ergänzt durch Ereignisse der sowjetischen Geschichte bis zur Entstalinisierung durch Chruschtschow 1956. Rayfield bezeichnet die Folgen von Stalins Gewaltherrschaft als „Holocaust" an der eigenen Bevölkerung, obwohl er Stalin und Hitler ausdrücklich nicht gleichsetzen will. Seine kommentarlose Verwendung des eigentlich eindeutig konnotierten Begriffs „Holocaust" und seine Vergleiche mit dem Tierreich werfen allerdings ein zweifelhaftes Licht auf seine Analyse. Für Stalin benutzt Rayfield außerdem immer wieder dessen vertraulich wirkenden Kampfnamen „Koba", wobei seine Schilderungen nicht unbedingt neu und nicht immer aussagekräftig sind („Kobas Begegnung mit drei Personen in Lenins Umgebung - Sinowjew, Trotzki und Bucharin - versetzte seiner Psyche einen schweren Schlag, er fand keine Ruhe, bis er alle drei umgebracht hatte." [62 f.]). Und auf nur einer der 555 Seiten Text stellt der Autor Putin in eine Traditionslinie mit den stalinistischen Geheimdienstchefs Jagoda und Berija - bei aller möglichen Kritik an den heutigen Zuständen in Russland eine sicher nicht haltbare Aussage, die allenfalls die Vergangenheit relativiert.