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Dieter Gosewinkel

Einbürgern und Ausschließen. Die Nationalisierung der Staatsangehörigkeit vom Deutschen Bund bis zur Bundesrepublik Deutschland

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2001 (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 150); 472 S.; kart., 46,- €; ISBN 3-525-35165-8
Geschichtswiss. Habilitationschrift FU Berlin. - Gosewinkel beabsichtigt mit seiner Geschichte der Staatsangehörigkeit mehr als die Darstellung einer rechtlichen Institution. Vielmehr soll ihr Bedeutungs- und Funktionswandel aufgezeigt werden, wie er sich deutlich in der vom Autor beschriebenen Handhabung zeigt: in der Praxis der Einbürgerungspolitik. Daneben sollen aber auch die vorhergehenden (z. T. nicht-öffentlichen) politischen Entscheidungsprozesse auf dem Weg zu den Wegmarken rekonstruiert werden. Es geht also nicht in erster Linie um die durch die Staatsangehörigkeit vermittelten Rechte und Pflichten des Staatsbürgers, sondern um den Wandel der Definition der staatlich-gesellschaftlichen Abgrenzung nach außen. "Durch die Politik der Staatsangehörigkeit und Einbürgerung werden Grundmuster nationaler Identität ausgeprägt und institutionell verfestigt" (11). Umgekehrt gilt freilich auch, dass eine Vorstellung von nationaler Identität der Boden der Staatsangehörigkeitsbestimmungen ist. Dabei interessieren den Autor besonders die Fragen nach der Integrationswirkung der Staatangehörigkeit (die im Deutschen Bund und Deutschen Reich noch föderativ geregelt war) und inwiefern eine Selbstabgrenzung Ausfluss einer liberaldemokratischen Gesellschaft ist. Die Untersuchung selbst ist chronologisch angelegt, wobei die jeweiligen Bestimmungen insbesondere im Hinblick auf geschlechtsspezifische Unterschiede und die Behandlung von Polen und Juden untersucht werden. Mit 1871 markiert Gosewinkel einen grundlegenden Wandel hin zu einer im weiten Sinne ethnischen Ausrichtung. Wohlweislich weist er darauf hin, dass das seit 1913 allein verbindliche Abstammungsprinzip eben nicht in der Pervertierung der Staatsangehörigkeit durch die Nationalsozialisten gipfelt: wer hier einen roten Faden zieht statt eines tiefen Grabens, sitzt einem rassisch-biologischen Fehlverständnis auf. Gosewinkel legt eine Studie vor, auf die man bei der eigenen Bearbeitung des Themas dankbar zurückgreifen wird, und zwar nicht nur, weil es derzeit wohl keinen Weg daran vorbei gibt.
Guido Koch (GK)
Dr., Politikwissenschaftler, Qualitätsmanagment, GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften.
Rubrizierung: 2.31 | 2.33 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Guido Koch, Rezension zu: Dieter Gosewinkel: Einbürgern und Ausschließen. Göttingen: 2001, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/16689-einbuergern-und-ausschliessen_19171, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 19171 Rezension drucken