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Roland Lhotta / Jörn Ketelhut / Helmar Schöne (Hrsg.)

Das Lissabon-Urteil. Staat, Demokratie und europäische Integration im "verfassten politischen Primärraum"

Wiesbaden: Springer VS 2013 (Schriften der DVPW-Sektion Regierungssystem und Regieren in der Bundesrepublik Deutschland); 217 S.; pb., 39,95 €; ISBN 978-3-531-17925-4
Das Lissabon‑Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2009 ist in der Fach‑ und publizistischen Öffentlichkeit breit und sehr kontrovers rezipiert worden. An den Begründungsmustern dieses Grundsatzurteils zur europäischen Integration scheiden sich – wie schon bei der Maastricht‑Entscheidung aus dem Jahr 1993 – die Geister in die zwei bekannten Lager: das der sogenannten Integrationisten, die europäisch, und das der sogenannten Nationalstaater, die souveränitätsbezogen auf das Grundgesetz schauen. Bei diesem Sammelband handelt es sich um die erweiterte Fassung von Beiträgen einer Tagung der DVPW‑Sektion Regierungssystem und Regieren in der Bundesrepublik Deutschland, die im April 2010 an der Helmut‑Schmidt‑Universität in Hamburg durchgeführt wurde. Aus politikwissenschaftlicher Sicht geht es um „das Staats‑ und Demokratieverständnis des höchsten deutschen Gerichts“, das Verhältnis „der deutschen Verfassungsorgane im europäischen Integrationsprozess“ und um den „Fortgang der Integration der Europäischen Union“ (10). Dabei wird auch die Post‑Lissabon‑Rechtsprechung des Gerichts zu europäischen Fragen einbezogen. Folgende Aspekte werden im Einzelnen thematisiert: die institutionellen Eigeninteressen von Bundesverfassungsgericht und EuGH (Jörn Ketelhut); das Oszillieren des Gerichts zwischen dem Leitbild der Parlaments‑ und dem der Verfassungssouveränität (Marcus Höreth); die Deutung der Entscheidung als Teil eines „‚separation‑of‑power‑game’“ (67 f.) in der komplexen Mehrebenen‑Demokratie (Roland Lhotta) und die Deutung als bloß „symbolischer Akt“ der verfassungsgerichtlichen „Selbstvergewisserung“ (89 f., Tobias Auberger/Wolfram Lamping); die theoretischen Verbindungslinien zur Staatslehre Hellers (Lazaros Miliopoulos); das für die Europarechtsprechung des Gerichts typische, vorsichtige Lavieren und formalistische Demokratieverständnis unter Ausblendung der Exekutivdominanz (Hartmut Aden); die Einschränkung politischer Entscheidungsräume bei der sogenannten Flexibilitätsklausel infolge des verfassungsgerichtlichen Kontrollvorbehalts (Verena Schäfer) und schließlich die Entscheidungen zur Vorratsdatenspeicherung, zu Mangold/Honeywell und zum ESM (Ulrich Hufeld).
Robert Chr. van Ooyen (RVO)
Dr., ORR, Hochschullehrer für Staats- und Gesellschaftswissenschaften, Fachhochschule des Bundes Lübeck; Lehrbeauftragter am OSI der FU Berlin sowie am Masterstudiengang "Politik und Verfassung" der TU Dresden.
Rubrizierung: 2.323 | 3.2 | 3.5 | 3.1 Empfohlene Zitierweise: Robert Chr. van Ooyen, Rezension zu: Roland Lhotta / Jörn Ketelhut / Helmar Schöne (Hrsg.): Das Lissabon-Urteil. Wiesbaden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/162-das-lissabon-urteil_43543, veröffentlicht am 11.04.2013. Buch-Nr.: 43543 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken