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Michael Fröhlich

Zeitgeschichte

Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft 2009 (UTB basics); 279 S.; brosch., 19,90 €; ISBN 978-3-8252-3182-8
Fröhlich reflektiert über das „Selbst- und Fremdverständnis der Zeitgeschichte“ (8) – oder besser: der „Zeitgeschichten“ (9), wobei ihm eine Philosophin als Kronzeugin für die Weiterentwicklung dieser Disziplin vom Historismus zu einer Wissenschaft dient, die „eine gewaltige Vielfalt an Fragen und Forschungsthemen“ (73) aufweist. Hannah Arendt habe dadurch, dass sie in „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“ viele Erklärungsansätze und textkritische Varianten, die sich nicht vereinheitlichen lassen, diskutierte, den Weg gewiesen. Ihre Arbeit stellt Fröhlich auch inhaltlich an den Wendepunkt der deutschen Zeitgeschichtsforschung, weil sich in den 50er-Jahren nicht mehr habe übersehen lassen, dass die NS-Vergangenheit einer kritischen Aufarbeitung bedurfte. Die Zeitgeschichtler könnten sich aber keinesfalls mehr darauf verlassen, die Deutungshoheit zu besitzen: „Heute gilt es keineswegs als ausgemacht, wer den entscheidenden Impuls für die Weiterentwicklung des Geschichtsbewusstseins oder der Geschichtskultur gibt.“ Wie wichtig die „zweifelnde Kraft der Öffentlichkeit“ (7) ist, wird in den ersten Kapiteln deutlich, in denen Fröhlich die Historiker, die anfingen, zeitgeschichtlich zu arbeiten und so nach und nach einen neuen Forschungszweig etablierten, als in ihren eigenen politischen Vorstellungen gefangen porträtiert. Verknüpft mit der Darstellung dieser das Fach prägenden Persönlichkeiten vermittelt Fröhlich zentrale Themen, die im Laufe der Jahrzehnte die Diskussionen dominierten. Positiv fällt u. a. die ausgewogene Darstellung des öffentlichen Aufsehens und fachlichen Widerspruchs auf, die der Politikwissenschaftler Goldhagen mit „Hitlers willige Vollstrecker“ hervorgerufen hatte. Fröhlich würdigt – unbesehen der Richtigkeit der einzelnen Thesen – dessen Rolle bei der weiteren Ausbildung von Erinnerungskultur und Geschichtsbewusstsein und weist darauf hin, dass an den Holocaust global erinnert wird. Insgesamt ist das für Studienanfänger konzipierte Lehrbuch hervorragend zum Selbststudium geeignet, an jedes Kapitel schließen Fragen zum Verständnis und Literaturhinweise an.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 1.1 | 2.311 | 2.313 | 2.35 | 2.61 | 2.2 | 2.23 | 4.21 | 4.22 | 5.2 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Michael Fröhlich: Zeitgeschichte Konstanz: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/14827-zeitgeschichte_36773, veröffentlicht am 30.09.2009. Buch-Nr.: 36773 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken