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Gabriele Bruns

Die japanische Demokratie. Das politische System zwischen Stagnation und Aufbruch

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 1999 (Kieler Schriften zur politischen Wissenschaft 10); 329 S.; brosch., 89,- DM; ISBN 3-631-34859-2
Politikwiss. Diss. Kiel. - Japan ist nur selten Gegenstand politikwissenschaftlicher Untersuchungen deutscher Autoren. Die wenigen Spezialisten sind sehr schnell aufgezählt und entpuppen sich oft als gelernte Japanologen. Die Autorin gehört nicht zu dieser Gruppe. In diesem Buch stellt sie die politische Entwicklung in Japan seit den Meiji-Reformen von 1868 dar, erläutert das japanische Regierungssystem von 1955 und untersucht die Veränderungen durch die Reformen von 1994. Ihre Leitfrage ist die nach der demokratischen Natur des politischen Systems in Japan: Welche Auswirkungen hat die jahrzehntelange Alleinherrschaft der LDP gehabt und welche Veränderungen haben die Reformen des Wahlrechts und der Parteienfinanzierung aus dem Jahre 1994 mit sich gebracht? Auf der Basis von englischsprachiger und deutscher Fachliteratur ist Bruns eine gut lesbare Einführung in die Funktionsweise der japanischen Politik gelungen (keine Selbstverständlichkeit für eine Dissertation!). Ihr Schwerpunkt liegt allerdings eindeutig auf den Institutionen des politischen Systems. Bruns kommt zu dem Schluß, daß die politischen Reformen von 1994 die demokratische Qualität des Systems von 1955 nicht erhöht haben (293). Die zunächst neu entstandenen Parteien sind sehr heterogene Organisationen, die dazu neigen, sich aufzuspalten. Manche sind gar wieder in den Schoß der immer noch dominierenden LDP zurückgekehrt. Deren enge soziostrukturelle Verflechtungen in den ländlichen Wahlkreisen dienen ihr nach wie vor als stabile Machtbasis und bilden gleichzeitig den Nährboden für die andauernde Korruption. Die Wahlrechtsreform hat nach Ansicht der Autorin mithin zu kurz gegriffen. "Ein Wahlsystem mit einer ausgeprägteren Mehrheitswahlkomponente hätte die Chance des Machtwechsels vergrößert." (295) Unter dem Strich sieht Bruns das politische System Japans als ein demokratisches System mit Legitimationsproblemen. Um diese zu beseitigen, hält sie weitergehende administrative Reformen für nötig, mit dem Ziel, politische Entscheidungen der demokratisch nicht legitimierten Bürokratie zu entziehen und auf der politischen Ebene zu treffen. Allerdings erfüllen die politischen Parteien immer noch nicht ihre Funktionen als Repräsentanten der Wähler bzw. als Träger von Regierung oder Opposition. Die Reformen von 1994 haben bislang ihr Ziel nicht erreicht.
Walter Rösch (WR)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.68 Empfohlene Zitierweise: Walter Rösch, Rezension zu: Gabriele Bruns: Die japanische Demokratie. Frankfurt a. M. u. a.: 1999, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/11092-die-japanische-demokratie_13110, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 13110 Rezension drucken